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Barrierefreiheit, schulische Inklusion, politische Partizipation in NRW

05.05.2022
Burkhard Pohl, Die Grünen im Wahlkreis Lippe 2, Herford 3

Wir haben die Landtags-Kandidat*innen der demokratischen Parteien angeschrieben und ihnen Fragen zum Thema Inklusion gestellt, die durch die Landespolitik direkt beeinflusst werden könnten. Sämtliche Antworten der Politiker*innen aus Ostwestfalen-Lippe, die die Zeit gefunden haben hierzu Stellung zu beziehen, werden wir in den kommenden Wochen bis zur Wahl hier unkommentiert veröffentlichen. Los geht´s mit...

Wir haben die Landtags-Kandidat*innen der demokratischen Parteien angeschrieben und ihnen Fragen zum Thema Inklusion gestellt, die durch die Landespolitik direkt beeinflusst werden könnten. Sämtliche Antworten der Politiker*innen aus Ostwestfalen-Lippe, die die Zeit gefunden haben hierzu Stellung zu beziehen, werden wir in den kommenden Wochen bis zur Wahl hier unkommentiert veröffentlichen. Los geht´s mit...

Dr. Burkhard Pohl, Bündnis 90/Die Grünen, Wahlkreis Lippe II / Herford III

 

KSL Detmold: Trotz gesetzlicher Vorgaben (IGG und BGG NRW) besitzen über 45% der Kommunen in NRW nach wie vor keine Interessenvertretung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, um die Interessenvertretung in den Kommunen zu verbessern?

Burkhard Pohl: Ich halte die Interessenvertretungen für die Belange von Menschen mit Behinderungen für unerlässlich, um mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen zu ermöglichen.

In meiner Heimatkommune Lemgo hat meine Partei deshalb jüngst die zusätzliche Stelle eines/r Beauftragten für Menschen mit Behinderung erfolgreich beantragt. Auf meine persönliche Initiative hin wurde auch vor einigen Jahren ein Runder Tisch Inklusion durchgeführt. Dort zeigte sich auch, dass eine dauerhafte Interessenvertretung sinnvoll wäre. Ich könnte mir z.B. einen kommunalen Beirat für Inklusion vorstellen, der bisher noch nicht existiert.

Ein solcher Beirat könnte das Bewusstsein in Politik und Gesellschaft für Inklusion und Teilhabe aller Menschen schärfen. Als Grüne in NRW unterstützen wir Kommunen dabei, die politische Teilhabe und Interessenvertretung von Menschen mit Beeinträchtigungen zu verbessern.

 

KSL Detmold: Die Herstellung von Barrierefreiheit erfordert mehr, als die Errichtung von Rampen und Aufzügen für mobilitätseingeschränkte Menschen. Sie wird beispielweise auch bei der Informationsvermittlung für Menschen mit kognitiven oder Sinnesbeeinträchtigungen benötigt, indem Leichte Sprache oder Gebärdendolmetscher:innen zur Verfügung gestellt werden. Welche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit wollen Sie in NRW vorantreiben?

Burkhard Pohl: Ich möchte klare Standards für barrierefreien Wohnraum, Quartiere und Stadtteile möglichst barrierefrei bauen und bei Neubauten standardmäßig für rollstuhlgerechte Wohnung sorgen. Dafür müssen wir die Landesbauordnung anpassen, aber auch vor Ort die Bauplanungen entsprechend gestalten. Das gilt gerade auch in Lippe mit seinem hohen Anteil an Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Für den Straßenverkehr setze ich mich für einen barrierefreien und bezahlbaren, tendenziell kostenlosen ÖPNV ein. Hürden im Fuß/Gehwegraum müssen schon bei der Planung im Sinne der Betroffenen beseitigt werden.

Politische Abläufe und Verwaltungsprozesse kommunizieren wir barrierefrei und leicht verständlich. Dafür gibt es Standards, die umgesetzt werden müssen. Städte und Gemeinden benötigen dafür Vorgaben, aber auch Fördermittel. Und dafür braucht es auch starke Interessenvertretungen (siehe Frage 1), um Missstände und Bedarfe aufzugreifen. Gemeinsam finden wir Lösungen für die Bereiche, die noch nicht für alle auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

Ich möchte die Ausbildung von Fachkräften für Inklusion in allen Bereichen stärker beachten. Bereits an Berufsschulen sollten Ausbildungsgänge geschaffen werden.

Als Partei Bündnis 90/Die Grünen veröffentlichen wir unsere Wahlprogramme schon seit langem online barrierearm sowie in Leichter Sprache. Auch bei dieser Wahl gibt es wieder Programme in Leichter Sprache.

In meinem eigenen Wahlkampf hier in Lippe lege Wert darauf, z.B. auf Flyern, Informationen so kurz und klar wie möglich zu kommunizieren.

Meine Kandidaten-Website versuche ich mit Unterstützung eines Mitarbeiters barrierearm zu gestalten.

 

KSL Detmold: Das segregierende System der Förderschulen soll laut UN-BRK schrittweise abgebaut werden. Trotzdem steigt die Zahl der Förderschulplätze stetig. Welche nächsten Schritte sind ihrer Meinung nach notwendig, um den Anteil der Schüler:innen im Gemeinsamen Lernen zu erhöhen?

Burkhard Pohl: Schwarz-Gelb hat das System der Förderschulen gestärkt und das Gemeinsame Lernen in der Breite aller Schulformen verhindert. Diese Entwicklung möchte ich als Bildungspolitiker umkehren. Dabei darf Inklusion nicht am Geld scheitern.

Wir Grünen stehen für eine Pädagogik der Vielfalt, denn die Heterogenität der Schüler:innen ist an allen Schulen längst Realität.

Inklusion ist eine Aufgabe aller Schulformen, also auch am Gymnasium.

Die Lerngruppengrößen im Gemeinsamen Lernen müssen verbindlich und verlässlich reduziert werden.

Gemäß dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ sollen Schulen in herausfordernden Lagen zusätzliche personelle Unterstützung erfahren und mehr Ressourcen für Team- und multiprofessionelle Arbeit, Beratung und Vernetzung erhalten.

Natürlich braucht es dafür genügend qualifiziertes Personal. Dessen Ausbildung ist eine der Hauptaufgaben der Schulpolitik. Inklusion muss auch Regelbestandteil der Ausbildung aller Professionen sein.

Wichtig ist die Vernetzung von Schulen im Gemeinsamen Lernen und der Förderschulen. Sie sollen, unterstützt mit Ressourcen, von- und miteinander lernen und so Schüler*innen bestmöglich unterstützen können.

Für den Übergang sind auch enge räumliche Kooperationen zwischen Regel- und Förderschulen an geeigneten Standorten denkbar.

 

Das KSL Detmold bedankt sich für die Beantwortung unserer Fragen.

 

Hinweis: Die Statements der Politiker*innen decken nicht die Positionen der gesamten Parteienlandschaft ab. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Parteien – nicht bei den Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL.NRW).