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18.04.2022
Benjamin Rauer, Die Grünen im Wahlkreis Minden-Lübbecke I

Wir haben die Landtags-Kandidat*innen der demokratischen Parteien angeschrieben und ihnen Fragen zum Thema Inklusion gestellt, die durch die Landespolitik direkt beeinflusst werden könnten. Sämtliche Antworten der Politiker*innen aus Ostwestfalen-Lippe, die die Zeit gefunden haben hierzu Stellung zu beziehen, werden wir in den kommenden Wochen bis zur Wahl hier unkommentiert veröffentlichen. Los geht´s mit...

Wir haben die Landtags-Kandidat*innen der demokratischen Parteien angeschrieben und ihnen Fragen zum Thema Inklusion gestellt, die durch die Landespolitik direkt beeinflusst werden könnten. Sämtliche Antworten der Politiker*innen aus Ostwestfalen-Lippe, die die Zeit gefunden haben hierzu Stellung zu beziehen, werden wir in den kommenden Wochen bis zur Wahl hier unkommentiert veröffentlichen. Los geht´s mit...

Benjamin Rauer, Bündnis 90/Die Grünen, Wahlkreis Minden-Lübbecke I

 

KSL Detmold: Trotz gesetzlicher Vorgaben (IGG und BGG NRW) besitzen über 45% der Kommunen in NRW nach wie vor keine Interessenvertretung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, um die Interessenvertretung in den Kommunen zu verbessern?

Benjamin Rauer: Ich finde es unheimlich wichtig, dass Kommunen dabei unterstützt werden, die politische Teilhabe und somit auch die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Vor allem die Interessenvertretungen für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen sind ein wichtiges Instrument, um das Bewusstsein für die Inklusion und Teilhabe aller Menschen zu schärfen. Eine Möglichkeit, die Interessenvertretungen zu unterstützen ist, beispielsweise mit Hilfe der Kommunalaufsicht, Teilhabe in allen Bereichen der Selbstverwaltung sicherzustellen.

 

KSL Detmold: Die Herstellung von Barrierefreiheit erfordert mehr, als die Errichtung von Rampen und Aufzügen für mobilitätseingeschränkte Menschen. Sie wird beispielweise auch bei der Informationsvermittlung für Menschen mit kognitiven oder Sinnesbeeinträchtigungen benötigt, indem Leichte Sprache oder Gebärdendolmetscher:innen zur Verfügung gestellt werden. Welche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit wollen Sie in NRW vorantreiben?

Benjamin Rauer: Das Recht auf Wohnen ist für mich ein Teil der Daseinsvorsorge. Mit klaren Standards für einen barrierefreien Wohnraum in der Landesbauordnung, können wir die Teilhabe und Selbständigkeit von Menschen mit Behinderungen fördern. Darunter gehört beispielsweise, dass Quartiere und Stadtteile in Zukunft möglichst barrierefrei bauen und auch bei Neubauten standardmäßig unter anderem für rollstuhlgerechte Wohnungen gesorgt wird. Zudem ist es mir wichtig, dass politische Abläufe und Verwaltungsprozesse barrierefrei kommuniziert werden. Um neue Standards umzusetzen und zu entwickeln, möchten wir Grüne, dass wir uns in einem Inklusionsbeirat auf Augenhöhe mit betroffenen Menschen austauschen und dass die organisierten Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung stärker gefördert werden. Denn nur gemeinsam können wir Lösungen für alle Bereiche, die noch nicht zugänglich und nutzbar sind, finden.

 

KSL Detmold: Das segregierende System der Förderschulen soll laut UN-BRK schrittweise abgebaut werden. Trotzdem steigt die Zahl der Förderschulplätze stetig. Welche nächsten Schritte sind ihrer Meinung nach notwendig, um den Anteil der Schüler:innen im Gemeinsamen Lernen zu erhöhen?

Benjamin Rauer: Die schwarz-gelbe Koalition in NRW hat mit ihrer sogenannten „Neuausrichtung der schulischen Inklusion“ die Absonderung und das Förderschulsystem nur zusätzlich gestärkt. Anstatt die Entwicklung des inklusiven Schulsystems zu fördern, wie es die UN-BRK verlangt, wurden die Bedingungen für das gemeinsame Lernen an Regelschulen durch die politischen Entscheidungen der schwarz-gelben Regierung noch mehr zur Herausforderung. Zudem wird durch die derzeitige Aufgabenverteilung im Schulsystem das Gymnasium von der Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems ausgenommen.

Ich möchte, dass endlich eine Pädagogik der Vielfalt zur Leitlinie wird und dass wir mit unserer Politik der längst bestehenden Heterogenität an allen Schulen und Schulformen und damit den Schüler*innen gerecht werden.

Wir Grüne setzen deswegen darauf, dass sich eine Schulform, auf die landesweit mehr als 40% aller Kinder nach der Grundschule gehen, nicht aus der gesellschaftlichen Verantwortung verabschiedet. Denn Gymnasien haben sehr wohl gezeigt, dass auch sie erfolgreich zieldifferent arbeiten können.

Ich setze mich dafür ein, dass die Lerngruppengrößen im Gemeinsamen Lernen verbindlich und verlässlich reduziert werden. Zudem möchte ich erreichen, dass Schulen in herausfordernden Lagen zusätzliche personelle Unterstützung erfahren und mehr Ressourcen für Team- und multiprofessionelle Arbeit, Beratung und Vernetzung erhalten.

 

Das KSL Detmold bedankt sich für die Beantwortung unserer Fragen.

 

Hinweis: Die Statements der Politiker*innen decken nicht die Positionen der gesamten Parteienlandschaft ab. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Parteien – nicht bei den Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL.NRW).