Direkt zum Inhalt
08.04.2022
Politiker Roger Voigtländer von der SPD im Wahlkreis Paderborn II

Wir haben die Landtags-Kandidat*innen der demokratischen Parteien angeschrieben und ihnen Fragen zum Thema Inklusion gestellt, die durch die Landespolitik direkt beeinflusst werden könnten. Sämtliche Antworten der Politiker*innen aus Ostwestfalen-Lippe, die die Zeit gefunden haben hierzu Stellung zu beziehen, werden wir in den kommenden Wochen bis zur Wahl hier unkommentiert veröffentlichen. Los geht´s mit...

Roger Voigtländer, SPD, Wahlkreis Paderborn II

 

Roger Voigtländer: Der Weg zu einer inklusiven Gesellschaft, die die Rechte von Behinderten achtet und ihnen Teilhabe ermöglicht, muss auf allen gesellschaftlichen Ebenen beschritten werden. Dazu bedarf es der gemeinsamen Anstrengung auf Landes-, Bundes- und kommunaler Ebene. Meine Rückmeldung kann sich, aufgrund des Kontextes zur Landtagswahl, nur auf unsere landespolitischen Positionen beziehen. Ich bitte Sie, das zu entschuldigen, hoffe aber dennoch, ihrem Anliegen gerecht geworden zu sein. Um meine Antworten zu unterstützen, gebe ich die entsprechenden Seitenzahlen im Wahlprogramm an.

 

KSL Detmold: Trotz gesetzlicher Vorgaben (IGG und BGG NRW) besitzen über 45% der Kommunen in NRW nach wie vor keine Interessenvertretung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, um die Interessenvertretung in den Kommunen zu verbessern?

Roger Voigtländer: Unsere Aufgabe auf Landesebene ist es, Initiativen zu unterstützen, die die Interessen von behinderten Menschen, unter anderem auf kommunaler Ebene, vertreten und in politischen Prozessen mitwirken. Daher werden wir die Unterstützung für die LAG (Landesarbeitsgemeinschaft) Selbsthilfe NRW ausbauen und auch die Arbeit des Landesbehindertenrats stärken. (S. 76) 

Außerdem werden wir Initiativen zur politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung stärken und Informationsmedien in leichter Sprache fördern (S. 52)

 

KSL Detmold: Die Herstellung von Barrierefreiheit erfordert mehr, als die Errichtung von Rampen und Aufzügen für mobilitätseingeschränkte Menschen. Sie wird beispielweise auch bei der Informationsvermittlung für Menschen mit kognitiven oder Sinnesbeeinträchtigungen benötigt, indem Leichte Sprache oder Gebärdendolmetscher:innen zur Verfügung gestellt werden. Welche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit wollen Sie in NRW vorantreiben?

Roger Voigtländer: Was für Informationsmedien gilt, muss auch in anderen Bereichen wirken. Das betrifft vor allem bürokratische Hürden, die die Antragstellung von selbstverständlichen Leistungen oft erschweren. Wir werden die Diskrepanz zwischen den vorhandenen Strukturen bzw. rechtlichen Grundlagen und dem tatsächlichen Unterstützungsbedarf wissenschaftlich untersuchen lassen und auf dieser Grundlage geeignete Maßnahmen zu einer besseren Vernetzung der Auskunfts- und Beratungsmöglichkeiten ergreifen. 

Menschen mit Behinderung nutzen Assistenz- und Betreuungskräfte. Deren Qualifikation ist nicht definiert. Wir werden Angebote zur Qualifizierung für Assistenz- undBetreuungskräfte einführen. (S. 75)   

Teilhabe am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben unterstützen wir für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Beratung und Beschäftigung von Menschen, die im Laufe ihres Arbeitslebens eine Behinderung erworben haben, werden wir fördern. (S.76) Das gilt auch in gesellschaftlich relevanten Bereichen, wie zum Beispiel bei Sportstätten. Auch hier legen wir besonderes Augenmerk auf Barrierefreiheit. Menschen mit und ohne Behinderung, Ältere und Jüngere sollen gemeinsam aktiv sein können. (S. 97) 

Mir selbst imponiert in diesem Zusammenhang die Arbeit der "Sozialhelden e.V."sehr. Solche und vergleichbare Initiativen bewegen mit ehrenamtlichen Engagement viel und leuchten Problemlagen aus, die oft übersehen werden.

 

KSL Detmold: Das segregierende System der Förderschulen soll laut UN-BRK schrittweise abgebaut werden. Trotzdem steigt die Zahl der Förderschulplätze stetig. Welche nächsten Schritte sind ihrer Meinung nach notwendig, um den Anteil der Schüler:innen im Gemeinsamen Lernen zu erhöhen?

Roger Voigtländer: Eines ist klar: Die UN-Behindertenrechtskonvention gilt. Das ist für uns unverhandelbar und bedeutet, es ist der Auftrag der Politik, für deren Einhaltung zu sorgen. Das Wichtigste dabei bleibt, sich jetzt  und vor allem kontinuierlich zu kümmern und betroffene Familien und Lehrkräfte zu unterstützen. Inklusion soll Teil jeder Schule sein. Dafür entwickeln wir die Rahmenbedingungen weiter. Wir wollen an jeder Schule in Nordrhein-Westfalen ein pädagogisches Zentrum mit Expertinnen und Experten einrichten, ohne Parallelstrukturen zu schaffen. Stattdessen wollen wir eine inklusiv arbeitende Schule mit einem gemeinsamen Kollegium aus verschiedenen Professionen. Ein pädagogisches Zentrum bündelt die pädagogische und sonderpädagogische Expertise zu Unterricht und inklusiver Schulentwicklung. Es unterstützt die Lehrkräfte und steht zur schulinternen Beratung zur Verfügung. Es koordiniert die Zusammenarbeit mit Externen von der Schulpsychologie über Therapeutinnen und Therapeuten bis zur Jugendhilfe. 

Hier fördern wir Angebote und Auszeitangebote in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe, auch für Schülerinnen und Schüler, die in Konflikte geraten oder Verhaltensprobleme bearbeiten müssen. Zusätzlich soll es zukünftig eine Art „Schnelle Unterstützungsgruppe“ in jedem Schulbezirk geben, die bei akuten Herausforderungen mit Rat und verbindlicher Hilfestellung den Familien und Schulen zur Seite steht. Da ist eine echte Entlastung für Eltern und Lehrkräfte.(S.26)

 

Das KSL Detmold bedankt sich für die Beantwortung unserer Fragen.

 

Hinweis: Die Statements der Politiker*innen decken nicht die Positionen der gesamten Parteienlandschaft ab. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Parteien – nicht bei den Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL.NRW).